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Riss der Achillessehne als Dienstunfall? Kausalität oft problematisch.

Den Riss der Achillessehne führen die Betroffenen selbstverständlch auf ein Unfallgeschehen zurück, wenn ihnen nicht Vorschäden oder bestimmte Schwächen des Bewegungsapparats bekannt sind.
Unter Medizinern, die hier im Streitfall als Gutachter den Ton angeben, gibt es aber die unterschiedlichsten Ansichten, wenn es um die Ursachen eines Achillessehnenrisses im Einzelfall geht und damit auch um die Kausalität zwischen dem Körperschaden und einem Unfallgeschehen.

Anerkennung eines Achillessehnenrisses als Dienstunfall. Hier ein Urteil aus 2015.

Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil vom 24.08.15 - 1 A 1067/14 -

Vorinstanz: Verwaltungsgericht Minden, 10 K 1321/11

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Achillessehnenriss des Klägers durch einen Dienstunfall (dazu 1.) verursacht worden (dazu 2.)

1. Bei dem Sturz des Klägers auf der Außentreppe seines Wohnhauses handelt es sich um einen Dienstunfall in Form eines Wegeunfalls im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BeamtVG.
Der Kläger hatte sein Wohnhaus durch die Außentür vollständig verlassen und befand sich unbestritten auf dem Weg zum Dienst.

2. Der Sturz hat den Achillessehnenriss im dienstunfallrechtlichen Sinne verursacht. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus einer Gesamtwürdigung des Akteninhalts, insbesondere aus den Unfallschilderungen des Klägers (dazu a)) sowie aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. X. (dazu b)), und zwar mit dem erforderlichen Grad der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit.

a) Zur Überzeugung des Senats hat sich der Unfall folgendermaßen ereignet: Als sich der rechte Fuß des Klägers auf der ersten Stufe unter dem oberen Podest der Außentreppe befand und er seinen linken Fuß schon angehoben hatte, um die nächstuntere Treppenstufe zu betreten, rutschte er aus. Der Kläger versuchte, sich durch einen großen Ausfallschritt mit dem linken Bein nach vorn und durch Festhalten mit der rechten Hand am Treppengeländer abzufangen. Dabei schlug der Kläger mit der Stelle seines unteren linken Unterschenkels, an der die Achillessehne riss, an der von oben betrachtet vorletzten Treppenstufenkante auf.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Klägers nicht zutreffen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr werden diese Angaben durch die Einschätzungen des Sachverständigen gestützt. Dieser hat vor dem Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die Achillessehne des Klägers (d.h. auch unter Berücksichtigung vorhandener degenerativer Veränderungen) nicht gerissen wäre, wenn er mit dem Muskelbereich des Unterschenkels, also mit der Wade, auf die Treppenkante aufgeschlagen wäre (zu den weiteren Einzelheiten der Feststellungen des Sachverständigen siehe unter b)).

41 Die Angaben des Klägers zum Geschehensablauf werden nicht dadurch unschlüssig, dass Chefarzt Dr. L. vom St. S. Krankenhaus in einem Zwischenbericht für die Unfallkasse angegeben hat, der Kläger sei auf das linke Bein gefallen und mit seinem linken oberen Sprunggelenk umgeknickt. Der Kläger kann sich nicht erklären, wie Herr Dr. L. zu dieser Feststellung gekommen ist. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Im Operationsbericht des gleichen Krankenhauses vom 12.08.10 heißt es, der Kläger sei beim Heruntergehen einer Treppe ausgerutscht und mit dem Fuß gegen die Stufe geschlagen. Aus welchen Gründen die Unfallschilderung im zeitlich späteren Zwischenbericht davon abweicht, ist unklar. Bei der Bewertung der Angaben in diesem Zwischenbericht ist zu berücksichtigen, dass er nicht dazu diente, der Unfallkasse eine detaillierte Unfallschilderung zukommen zu lassen, sondern vor allem erläutern sollte, welche medizinische Behandlung bereits durchgeführt worden war und welche noch erforderlich sein würde. Unabhängig davon hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, dass die Achillessehne des Klägers durch ein bloßes Umknicken mit dem Fuß nicht hätte reißen können (dazu sogleich unter b)).

b) Ausgehend von dem vom Kläger geschilderten Unfallhergang hat der Sachverständige plausibel und überzeugend begründet, dass zwischen dem Unfall des Klägers und dem Riss der Achillessehne ein naturwissenschaftlicher Kausalzusammenhang in dem Sinne besteht, dass ohne den Unfall die Achillessehne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gerissen wäre (dazu aa)). Unter Berücksichtigung der Erläuterungen des Sachverständigen ist der Unfall darüber hinaus auch wesentliche Ursache im dienstunfallrechtlichen Sinne und nicht bloße Gelegenheitsursache.

aa) Der Sachverständige hat auf Seite 18 seines Gutachtens angegeben, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auch gesunde Sehnen durch unvorhergesehene urplötzliche Belastungen aufgrund äußerer Störfaktoren reißen könnten.
Insoweit stimmt er mit dem fachärztlichen Berater der Unfallkasse überein, der in seiner Stellungnahme ausgeführt hatte, ein Aufschlagen auf eine Treppenstufenkante könne eine Achillessehnenruptur herbeiführen, falls der Schlag direkt die Achillessehne treffe.

Der Sachverständige hat ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass hier sowohl die Art des Risses als auch dessen Lokalisation erkennen lassen, dass die Achillessehne durch den Aufprall auf der Treppenstufenkante gerissen ist. ...

Es überwiegen Entscheidungen, welche die Anerkennung des Achillessehnenrisses als Dienstunfall ablehnen.

Bei Verletzungen der Achillessehne ist den Verwaltungsgerichten nicht immer mit das notwendige Maß an Gewissheit zu vermitteln, welches für die Anerkennung der Ursächlichkeit eines Unfallgeschehens für einen Achillessehnenriss erforderlich ist.
Hier ein Beispiel aus Niedersachsen.

Ist die Aufklärung schwierig, fragen Juristen auch danach, wer die sog. Beweislast hat. Diese liegt in Fällen dieser Art bei dem Beamten, der die Kausalität beweisen muss.

Das VG Braunschweig hat sich in einem Urteil vom 01.02.07 - 7 A 33/06 - mit der Frage befasst, ob ein Riss (eine Ruptur) der Achillessehne beim Dienstsport als Dienstunfall anzuerkennen sei oder nicht.
Es hat die Anerkennung abgelehnt.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat diese Entscheidung gebilligt.

Wenn Sie als Betroffener die Entscheidungen lesen, werden Sie sich fragen, wie denn bei einer Achillessehnenruptur jemals der Beweis möglich sein soll, dass es sich um eine Dienstunfallfolge im rechtlichen Sinne handelt.


Auszug aus dem des Urteils des VG Braunschweeig vom 01.02.07 - 7 A 33/06 -

Leitsatz

Erleidet ein Polizeibeamter beim Dienstsport eine Achillessehnenruptur, kann diese Verletzung nicht als Dienstunfall anerkannt werden, wenn sich nachträglich nicht mehr feststellen lässt, ob und ggf. in welchem Umfang die Sehne degenerativ vorgeschädigt war.

Aus dem Entscheidungstext:

... ist zu berücksichtigen, dass bei einem Achillessehnenriss nach medizinischen Erkenntnissen unterschiedliche Entstehungsmechanismen zu beobachten sind.
Während früher angenommen wurde, eine Achillessehnenruptur komme ausschließlich bei Vorliegen degenerativer Veränderungen in Betracht, entspricht es der heute herrschenden Lehrmeinung, dass bei entsprechender Unfallmechanik, wie etwa bei schnellem Antritt, auch eine gesunde Achillessehne (ein-) reißen kann
(vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., Rn. 8.2.3.2.2; Leitlinien der Orthopädie, Dt. Ges. f. Orthopädie und orthopäd. Chirurgie und Bundesverband d. Ärzte f. Orthopädie, 2. Aufl., abgerufen im Internet, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, AWMF online, Leitlinien-Nr. 033/011, www.uni-duesseldorf.de/AWMF; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 30.01.1991 - 4 S 2438/90 -, ZBR 1991, 276 ff.).

Andererseits sind bei Achillessehnenrissen nicht selten degenerative Veränderungen bzw. Mikrorisse und damit Vorschädigungen der Achillessehne festzustellen.
Degenerative Veränderungen der Achillessehne sind bereits ab einem Alter von 25 Jahren zu beobachten. Sie häufen sich mit zunehmendem Lebensalter und sind bei über 40-jährigen in 50 bis 60 % der Fälle nachweisbar (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Rn. 8.2.1.1.1; VGH Baden-Württem­berg, a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 07.05.1998 - 6 A 31/97 - mit nachfolgendem Beschluss des BVerwG v. 11.08.1998 - 2 B 74/98 -, NVwZ 1999, 406; Fleig, Sportliche Betätigung von Beamten und Dienstunfallschutz, ZBR 1993, 142, 145). Bei einer Vorschädigung der Achillessehne kann sich die Teilnahme am Dienstsport im Sinne der Rechtsprechung des Bundes­verwaltungs­gerichts als Gelegenheitsursache darstellen, mit der Folge, dass die dienstunfallrechtlich erforderliche Kausalität der Teilnahme am Dienstsport für die eingetretene Verletzung nicht gegeben ist und die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.03.04).

Für den Kläger ist nicht feststellbar, welcher der in Betracht zu ziehenden Entstehungsmechanismen als wesentliche Ursache im Sinne des Dienstunfallrechts den erlittenen Achillessehnenriss bewirkt hat.
Das Ergebnis der histologischen Untersuchung der entnommenen Gewebeprobe lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob und ggf. in welchem Verhältnis zueinander eine Vorschädigung der Achillessehne bzw. die bei der Teilnahme am Dienstsport auf die Sehne einwirkenden Kräfte zum Riss der Sehne beigetragen haben. Der Facharzt für Pathologie Dr. G. stellt in seinem Bericht zwar fest, dass es sich bei der Verletzung des Klägers um eine frische Sehnenruptur gehandelt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers kann daraus aber nicht auf das fehlende Vorliegen einer Vorschädigung der Achillessehne geschlossen werden. Insofern weist Dr. G. vielmehr ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei der Gewebeprobe offenbar um Material aus dem Bereich der Rupturstelle handele, weshalb eine Stellungnahme bezüglich eventuell vorbestehender reparativer oder degenerativer Veränderungen nicht erfolgen könne. Der vorläufige Arztbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. H., Kreiskrankenhaus G, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht aussagekräftig. Soweit der Kläger darauf hinweist, vor dem Unfall nicht unter Beschwerden im Bereich der Achillessehne gelitten zu haben, ist dieser Umstand kein hinreichender Nachweis für das Fehlen einer Vorschädigung, denn eine degenerative Veränderung der Achillessehne ist nicht immer sogleich mit Beschwerden, wie insbesondere Schmerzen, verbunden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Rn. 8.2.1.1.1 und Rn. 8.2.3.2.1).

Ist damit nicht aufklärbar, dass der Teilnahme am Dienstsport und den dabei auf die verletzte Achillessehne einwirkenden Kräften im Rechtssinne wesentliche Bedeutung für die beim Kläger aufgetretene Verletzung zukommt, sondern kommt als im Sinne des Dienstunfallrechts alleinige Ursache der Verletzung auch eine nicht dem Risikobereich des Dienstherrn zuzurechnende Vorschädigung der Achillessehne in Betracht, so ist der Nachweis der Kausalität der Teilnahme am Dienstsport für den Achillessehnenriss nicht geführt (vgl. ebenso: OVG NRW, Beschluss vom 07.05.1998, a. a. O.; a. A. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 30.01.1991, a. a. O.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11.08.1998, a. a. O., wonach die unterschiedliche Beurteilung der Obergerichte, soweit sie auf tatsächlichen Feststellungen beruht, nicht die Zulassung der Revision rechtfertigt).
Nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung führt die mangelnde Aufklärbarkeit des Sachverhalts dazu, dass zum Nachteil des Klägers nicht vom Vorliegen eines Dienstunfalls ausgegangen werden kann.


Im Dienstunfallrecht gelten die allgemeinen Beweisgrundsätze. Für das Vorliegen eines Dienstunfalls ist grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen. Dies gilt auch für den erforderlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis im Dienst und dem Eintritt des Körperschadens, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss. Wenn sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen nicht klären lassen, trägt der Beamte die materielle Beweislast (BVerwG, Beschluss vom 11.03.1997 - 2 B 127/96 -; Urt. v. 15.09.1994 - 2 C 24/92 -, a. a. O.; Urt. v. 22.10.1981 - 2 C 17/81 - NJW 1982, 1893 f.). Nachdem die operative Versorgung des Klägers abgeschlossen ist, der Unfall mehr als 1 ½ Jahre zurückliegt und eine aussagekräftige Gewebeprobe nicht gewonnen wurde, erscheint eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich (vgl. OVG NRW, a. a. O.). Die auch im Bereich des Dienstunfallrechts anwendbaren beweiserleichternden Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins greifen zugunsten des Klägers ebenfalls nicht. Der Anscheinsbeweis kommt bei typischen Geschehensabläufen in Betracht, und zwar in Fällen, in denen ein gewisser Tatbestand nach allgemeiner Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalls für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.10.1981, a. a. O., m. w. N.). Für die vom Kläger erlittene Verletzung fehlt es an einem in diesem Sinne typischen Geschehensablauf. Angesichts der bei Achillessehnenrissen nicht selten zu beobachtenden degenerativen Vorschädigungen der Sehne kann nicht angenommen werden, dass der Teilnahme am Dienstsport typischerweise wesentliche Bedeutung im Rechtssinne zukommt.

Soweit der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Gegensatz zum Oberverwaltungsgericht NRW die Teilnahme am Dienstsport als wesentliche Ursache im dienstunfallrechtlichen Sinne wertet, solange keine Erkenntnisse über eine über den gewöhnlichen altersbedingten Verschleiß hinausgehende Vorschädigung der Achillessehne des Beamten vorliegen und auf dieser Grundlage auch in einem Verfahren, in dem eine histologische Untersuchung nicht durchgeführt worden war, das Vorliegen eines Dienstunfalls i. S. d. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG angenommen hat (Urt. v. 30.01.1991, a. a. O.), kann dieser Entscheidung nicht gefolgt werden, denn sie führt letztlich dazu, dass dem Dienstherrn entgegen der allgemeinen Grundsätze über die Beweislastverteilung die Beweislast für das Nichtvorliegen einer über den gewöhnlichen altersbedingten Verschleiß hinausgehenden Degeneration der Achillessehne auferlegt wird.

Das OVG Lüneburg hat es abgelehnt, die Berufung gegen die vorstehende Entscheidung zuzulassen.

Zwar kann die Teilnahme am Dienstsport nach der Rechtsprechung nur dann als Gelegenheitsursache und damit als nicht ursächlich im Sinne des Dienstunfallrechts angesehen werden, wenn ein anlagebedingtes Leiden - also vorliegend eine Vorschädigung der Achillessehne - feststeht und der eingetretene Körperschaden dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen ist, weil die schadhafte Sehne jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastung hätte reißen können; entscheidend ist in diesen Fällen, dass dem schadhaften Zustand der Achillessehne die wesentliche Bedeutung für den Riss zukommt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18.04.02 - BVerwG 2 C 22.01 - = NVwZ-RR 2002, 761; Beschluss vom 08.03.04 - BVerwG 2 B 54.03 -). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Denn es fehlt schon an der erforderlichen Feststellung einer Vorschädigung, sodass die Teilnahme am Dienstsport nicht als Gelegenheitsursache im Sinne des dienstunfallrechtlichen Kausalitätsbegriffs angesehen werden kann.

Hieraus folgt indes nicht schon, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Denn das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass der Kläger als Beamter den vollen Beweis für das Vorliegen eines Dienstunfalls zu erbringen hat, was bedeutet, dass er den Beweis für das Vorliegen eines Dienstunfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit führen muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.04.02 - BVerwG 2 C 22.01 - = NVwZ-RR 2002, 761). In Anbetracht dieser Beweisanforderungen genügt es für den Beamten nicht, sich auf eine fehlende Feststellbarkeit einer Vorschädigung zu berufen. Denn hiermit ist nicht zugleich festgestellt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Teilnahme am Dienstsport wesentliche (Mit-)Ursache für den eingetretenen Körperschaden gewesen ist. Dies beruht auf der zutreffenden Annahme des Verwaltungsgerichts, dass eine Vorschädigung der Achillessehne bei einem Menschen im Alter des Klägers zum Unfallzeitpunkt nicht nur selten vorkommt und es sich daher nicht nur um eine entfernt liegende Möglichkeit handelt, dass auch im Falle des Klägers eine Vorschädigung bestanden hat. Die nicht entfernt liegende Möglichkeit einer Vorschädigung schließt die Annahme einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestehenden Kausalität zwischen dem Unfallereignis, dem Dienst und dem eingetretenen Körperschaden aus. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich der Kausalitätsnachweis in diesem Fall auch nicht über die auch im Dienstunfallrecht anwendbaren Grundsätze des Anscheinsbeweises erbringen lässt, da es bei der vom Kläger erlittenen Verletzung an einem im Sinne des Anscheinsbeweises erforderlichen typischen Geschehensablauf fehlt. Ob der Anscheinsbeweis grundsätzlich - wie wohl das Verwaltungsgericht meint - bei einem Riss der Achillessehne während der Ausübung des Dienstes nicht anwendbar ist, wenn eine Vorschädigung der Achillessehne ausgeschlossen werden kann, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn schon die Möglichkeit einer anderen Ursache - hier die Möglichkeit einer Vorschädigung der Achillessehne des Klägers aufgrund seines Alters - schließt die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises aus.

Das weitere Vorbringen des Klägers, wonach die Umstände darauf hinwiesen, dass eine Vorschädigung bei ihm nicht vorgelegen habe, führt nicht zu einer anderen Einschätzung.
Allein die Umstände, dass der Riss während des Dienstsportes passierte und der Kläger sich ordnungsgemäß aufgewärmt und bereits 30 Minuten "Hallenfußschiebeball“ gespielt hatte, lassen den Rückschluss auf eine fehlende Vorschädigung nicht zu. Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens, er habe bis zum Unfall keine Beschwerden an der Achillessehne gehabt und sei von den Ärzten der Beklagten und seinem Hausarzt regelmäßig untersucht worden, ohne dass Anhaltspunkte festgestellt worden seien, die auf eine Vorschädigung seiner Achillessehne hinwiesen, ist die Annahme einer möglichen Vorschädigung nicht widerlegt. Denn weder hat der Kläger schlüssig dargelegt, dass die von der Beklagten vorgenommenen Untersuchungen geeignet gewesen wären, Vorschädigungen der Achillessehnen erkennen zu können, noch hat er sich in der gebotenen Weise mit dem Argument des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt, dass degenerative Veränderungen der Achillessehne nach den medizinischen Erkenntnissen - insoweit hat sich das Verwaltungsgericht auf die Angaben von Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., Rn. 8.2.1.1.1 und 8.2.3.2.1 berufen - nicht immer sogleich mit Beschwerden, insbesondere Schmerzen, verbunden seien. Das diesbezügliche Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen genügt den Darlegungsanforderungen nicht einmal ansatzweise.

Ebenso erschüttert das Vorbringen des Klägers, in seinem Alter lägen in 40 bis 50 % der Fälle keine degenerativen Veränderungen der Achillessehne vor, weshalb auch bei ihm von einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit einer fehlenden Vorschädigung auszugehen sei, die Annahme einer nicht entfernt liegenden Möglichkeit einer Vorschädigung der Achillessehne des Klägers nicht. Sie ist hiernach im Gegenteil eher wahrscheinlich.

Soweit der Kläger des Weiteren darauf verweist, dass die ihn behandelnden Ärzte B., die Ärzte des Kreiskrankenhauses C. und der den histologischen Befund erstellende Arzt D. eine frische, spontane Sehnenruptur festgestellt hätten, wird damit keine Aussage über das Fehlen einer Vorschädigung getroffen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend auf die Ausführungen des D. in seiner Stellungnahme verwiesen, wonach eine Stellungnahme bezüglich eventuell vorbestehender reparativer oder degenerativer Veränderungen nicht erfolgen kann, da es sich offenbar um Material aus dem Bereich der Rupturstelle handelt. Die Einschätzung des Klägers, eine Vorschädigung der Sehne hätte gerade im Bereich des Risses festgestellt werden müssen, ist anhand der eindeutigen Aussagen des Arztes nicht nachvollziehbar. Das Vorbringen des Klägers stellt diese Einschätzung des Arztes nicht in Frage.

BVerwG zur Abgrenzung zwischen unfallbedingter Verletzung und Auswirkungen einer Vorschädigung

Der folgende, vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebene Maßstab für die Abgrenzung zwischen unfallbedingter Verletzung und Auswirkungen einer Vorschädigung ist nicht wirklich deutlich:
Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der von dem OVG erwähnten Entscheidung vom 08.03.04 - BVerwG 2 B 54.03 - unter anderem ausgeführt:

Bundesverwaltungsgericht, Entscheidung vom 08.03.04 - BVerwG 2 B 54.03 -

"Danach kommt eine besonders ausgeprägte und in dieser Besonderheit wiederum verallgemeinerungsfähige "Revisionsrechtsprechung zur Ruptur von Achillessehnen" nicht in Betracht (vgl. bereits Beschluss vom 11.08.1998 BVerwG 2 B 74.98 = NVwZ 1999, 406). Altersbedingte und -typische Veränderungen der Achillessehne schließen im Falle eines Risses einen Dienstunfall nicht aus. Vielmehr ist auf der Grundlage der vom Tatsachengericht zu treffenden Feststellungen maßgebend, ob der Schaden, wie er konkret im dienstlichen Zusammenhang eingetreten ist, hypothetisch ohne weiteres und in absehbarer Zeit auch im privaten Bereich hätte eintreten können. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Sachverhaltsermittlung und beruht im Wesentlichen auf der Feststellung, in welchem Zustand sich das geschädigte Organ vor dem Unfall befand und welche spezifischen Anforderungen aus der dienstlichen Betätigung herrühren, die die Zuordnung des Schadensereignisses zur privaten Sphäre ausschließen."

Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München vom 30.01.12 - 3 B 10.1015 -.

Das Gericht führt u. a. aus:

"Gibt es für den Körperschaden mehrere Ursachen (z.B. eine degenerative Vorschädigung einerseits und ein Unfallereignis andererseits), so ist das Unfallereignis - hier: der Abspruch vom Reutherbrett - dann als wesentliche Mitursache für den eingetretenen Körperschaden anzusehen, wenn das schädigende Ereignis annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs gehabt hat (vgl. Plog/Wiedow, BeamtVG, RdNr. 78 zu § 31 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Erl. 5.1.3.1 zu § 45, BVerwG vom 22.10.1981, Az. 2 C 17/81). Für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Dienstunfalls ist der volle Beweis zu erbringen, also „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“, d.h. auch dafür, dass es sich bei dem schädigenden Ereignis zumindest um eine wesentlich mitwirkende Teilursache gehandelt hat. Lässt sich der Kausalzusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden trotz Ausschöpfung aller Mittel nicht klären, geht dies zulasten des Beamten.
Vorliegend konnte unter Ausschöpfung aller dem Senat zur Verfügung stehenden Mittel nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Absprung vom Reutherbrett die (im oben dargestellten Sinn) wesentliche Ursache für den Achillessehnenriß des Klägers war."

VG Saarlouis, Urteil vom 07.05.13, 2 K 1407/11

Leitsätze

Der zur Feststellung eines Dienstunfalls erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen dem Abriss einer (altersgemäß) degenerierten Achillessehne und dem diesbezüglichen Unfallereignis ist zu bejahen, wenn sich die Verletzung als Folge einer spezifisch dienstbezogenen außergewöhnlichen Belastung der betreffenden Sehne darstellt.
Erleidet ein Beamter beim Hallenfußballspiel im Rahmen des Dienstsports einen Achillessehnensabriss bei Ausführung von für diesen Sport normalen Bewegungen und liegt keine Fremdeinwirkung bzw. äußere Gewalteinwirkung oder sonstige besondere Beanspruchung der Sehne vor, ist bei einer gutachtlich nachgewiesenen Vorschädigung der gerissenen Sehne ein Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Körperschaden zu verneinen.


Mit allen möglichen Erwägungen zu Grunden für den Eintritt eines Risses der Achillessehne befasst sich das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in einem Beschluss vom 03.12.13 mit dem Aktenzeichen 1 L 25/13
Sie finden die Entscheidung im Internet.

Aus dem Sozialrecht wurde ein Urteil des Landessozialgerichts Thüringen bekannt, Urteil vom 19.04.18 - L 1 U 56/17 -, in dem die Auffassung vertreten wird, traumatische Verletzungen der Achillessehne seien nur bei einem Schlag oder einem Tritt gegen die gespannte Sehne möglich.
Beamtenrecht / Übersicht Beamtengesetze
Dienstunfall / Übersicht
Gesetze / Verordnungen Beamtenversorgungsgesetz Bund Beamtenversorgungsgesetz FHH Beamtenversorgungsgesetz NS Beamtenversorgungsgesetz SH Einsatzunfallverordnung Bund VV Einsatzunfallverordnung
Grundlagen des Dienstunfallrechts Was ist ein Dienstunfall? Verletzung der Psyche Generell zumutbare Belastungen? Berufskrankheit Abgrenzung Unfall / Krankheit Corona - VG Aachen 08.03.2022 Corona-Impfschaden Dienstunfall? Impfschaden - Grippeimpfung Tonerstaub: Berufskrankheit? Berufskrankheitenverordnung
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Unfallfürsorge: Leistungen Dienstunfallfürsorge Unfallausgleich Bemessung von MdE oder GdS Bad Pyrmonter Klassifikation Dienstunfallruhegehalt Unfallruhegehalt Polbeamter Unfallruhegehalt/ Kausalität erhöhtes Unfallruhegehalt Unfallentschädigung Ansprüche gegen Dritte
Qualifizierter Dienstunfall Qualifizierter Dienstunfall Qualifizierung wg. Lebensgefahr Kenntnis von Lebensgefahr Kenntnis: BVerwG 08.02.17 Feuerwehreinsatz / PTBS Autobahneinsatz Polizei Sonderrechtsfahrt Verfolgungsfall SEK Lebensgefahr verneint Qualifizierung: tätlicher Angriff Angriff auf Beamten Lebensgefahr nicht Bedingung Verletzungswille erforderlich Angriff auf Beamten in JVA Angriff mit Scheinwaffe mit Schreckschusswaffe Angriff mit Hund Angriff durch Hunde? Schüler greift Lehrer an Fußballspiel mit Schülern Vergeltungsangriff / PTBS Auslandseinsätze Auslandseinsatz Einsatzunfallverordnung Bund VV Einsatzunfallverordnung Auslandseinsatz PTBS Höhere Unfallfürsorgeleistungen erhöhtes Unfallruhegehalt mehrere Dienstunfälle? Unfallentschädigung
Dienstunfall: Beispiele Auffahrunfall/ HWS Impfschaden Mobbing: kein "Unfall"? Wespenstich Zeckenbiss













Das Verwaltungsgericht meint: der Beamte muss beweisen, dass ein Dienstunfall vorliegt und nicht etwa eine Vorschädigung oder eine degenerative Veränderung.


Eine für den Beamten günstigere Beweislastregelung lehnt das Gericht ab.

























Das Oberverwaltungsgericht betont ebenfalls, dass der Beamte den vollen Beweis für das Vorliegen eines Unfalles erbringen müsse.












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