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Unterhaltsbeitrag bei MdE nach Dienstunfällen und Entlassung

In ganz seltenen Fällen kommt es zu einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis (also nicht zu einer Pensionierung unter Gewährung eines Ruhegehalts), nachdem sich während der Dienstzeit einer oder mehrere Dienstunfälle ereignet haben. Die Regelung gilt auch für Ruhestandsbeamte, denen das Ruhegehalt aberkannt wurde, vergleichen Sie bitte Absatz 7 der nachstehenden Vorschrift.
Hier können dann unter Umständen besondere Unfallfürsorgeleistungen in Betracht kommen, nämlich insbesondere ein Unterhaltsbeitrag.

Beamtenversorgungsgesetz Bund - BeamtVG

§ 38 Unterhaltsbeitrag für frühere Beamte und frühere Ruhestandsbeamte


(1) Ein durch Dienstunfall verletzter früherer Beamter, dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand geendet hat, erhält neben dem Heilverfahren (§§ 33, 34) für die Dauer einer durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung einen Unterhaltsbeitrag. Der Anspruch erlischt ab der Gewährung von Altersgeld.

(2) Der Unterhaltsbeitrag beträgt 1. bei völliger Erwerbsunfähigkeit sechsundsechzigzweidrittel vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach Absatz 4, 2. bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens zwanzig vom Hundert den der Minderung entsprechenden Teil des Unterhaltsbeitrages nach Nummer 1.

(3) Im Falle des Absatzes 2 Nr. 2 kann der Unterhaltsbeitrag, solange der Verletzte aus Anlass des Unfalles unverschuldet arbeitslos ist, bis auf den Betrag nach Nummer 1 erhöht werden. Bei Hilflosigkeit des Verletzten gilt § 34 entsprechend.

(4) Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bestimmen sich nach § 5 Abs. 1. Bei einem früheren Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst sind die Dienstbezüge zugrunde zu legen, die er bei der Ernennung zum Beamten auf Probe zuerst erhalten hätte; das Gleiche gilt bei einem früheren Polizeivollzugsbeamten auf Widerruf mit Dienstbezügen. Ist der Beamte wegen Dienstunfähigkeit infolge des Dienstunfalles entlassen worden, gilt § 5 Abs. 2 entsprechend. Der Unterhaltsbeitrag für einen früheren Beamten auf Widerruf, der ein Amt bekleidete, das seine Arbeitskraft nur nebenbei beanspruchte, ist nach billigem Ermessen festzusetzen.

(5) Ist der Beamte wegen Dienstunfähigkeit infolge des Dienstunfalles entlassen worden, darf der Unterhaltsbeitrag nach Absatz 2 Nr. 1 nicht hinter dem Mindestunfallruhegehalt (§ 36 Abs. 3 Satz 3) zurückbleiben. Ist der Beamte wegen Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalles der in § 37 bezeichneten Art entlassen worden und war er im Zeitpunkt der Entlassung infolge des Dienstunfalles in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens fünfzig vom Hundert beschränkt, treten an die Stelle des Mindestunfallruhegehalts achtzig vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, die sich bei sinngemäßer Anwendung des § 37 ergibt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(6) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im Allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Zum Zwecke der Nachprüfung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist der frühere Beamte verpflichtet, sich auf Anordnung der obersten Dienstbehörde durch einen von ihr bestimmten Arzt untersuchen zu lassen; die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf andere Stellen übertragen.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten entsprechend für einen durch Dienstunfall verletzten früheren Ruhestandsbeamten, der seine Rechte als Ruhestandsbeamter verloren hat oder dem das Ruhegehalt aberkannt worden ist.

Hamburg hat eine entsprechende Regelung in § 42 HmbBeamtVG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu einem solchen Fall in einem Beschluss vom 26.01.16 mit dem Aktenzeichen 2 B 17.15 u.a. ausgeführt:

Die von der Beschwerde sinngemäß als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
ob einem früheren Beamten, der während seines Beamtenverhältnisses eine dienstunfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v. H. erfahren hat, in Berücksichtigung weiterer, nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses erlittener Arbeitsunfälle ein einheitlicher beamtenrechtlicher Unterhaltsbeitrag unter Einbeziehung der außerhalb des Beamtenverhältnisses erfahrenen Minderung der Erwerbsfähigkeit zusteht,
ist aus dem Gesetz heraus zu beantworten und mit dem Verwaltungsgerichtshof zu verneinen; der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es hierzu nicht.

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a) Gemäß Art. 55 Abs. 1 und 2 Satz 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) erhält ein früherer Beamter, der durch einen Dienstunfall verletzt wurde und dessen Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt oder Versetzung in den Ruhestand geendet hat, neben dem Heilverfahren für die Dauer einer durch den Dienstunfall verursachten Erwerbsbeschränkung einen Unterhaltsbeitrag, der bei völliger Erwerbsunfähigkeit 63,78 v.H. der ruhegehaltfähigen Bezüge nach Absatz 4 (Art. 55 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG) und bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 25 v.H. den der Minderung entsprechenden Teil des Unterhaltsbeitrags nach Nr. 1 beträgt (Art. 55 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG). Die Übergangsregelung des Art. 100 Abs. 4 Satz 5 BayBeamtVG bestimmt insoweit, dass für frühere Beamte die genannte Regelung mit der Maßgabe gilt, dass an die Stelle der Zahl "63,78" das Wort "sechsundsechzigzweidrittel" und an die Stelle der Zahl "25" die Zahl "20" tritt.
Eine Einbeziehung von Arbeitsunfällen, die sich nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses ereignet haben, kennt das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz nicht. Da der Kläger durch den einzigen im Beamtenverhältnis erlittenen Dienstunfall nur eine MdE von 10 v.H. erfahren hat, steht ihm kein Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nach dem Bayerischen Beamtenversorgungsgesetz zu.

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b) Anders als vom Kläger angenommen kann dieser auch keine entsprechende Anwendung der Regelung des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII für sich in Anspruch nehmen. Gemäß dieser Vorschrift gilt im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, dass für jeden Versicherungsfall Anspruch auf Rente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigsten die Zahl 20 erreichen. Satz 4 dieser Regelung stellt klar, dass den Versicherungsfällen Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen und weiteren Gesetzen gleich stehen.

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Diese Regelungen können aus mehreren Gründen nicht entsprechend auf Art. 55 Abs. 1 und 2 BayBeamtVG angewendet werden. Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28.06.12 - 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 24 und vom 27. März 2014 - 2 C 2.13). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

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aa) Eine analoge Anwendung des § 56 Abs. 1 SGB VII verbietet sich schon deswegen, weil es als ausgeschlossen angesehen werden muss, dass der bayerische Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes die von ihm andernorts angeordnete Rechtsfolge unbedacht nicht in Anwendung gebracht hat. § 56 Abs. 1 SGB VII sieht eine Rechtsfolge vor, die ein anderer Gesetzgeber in einem anderen Regelungszusammenhang erlassen hat. Hinweise, dass dem bayerischen Gesetzgeber bei dem Erlass des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes eine solche Regelung vorgeschwebt haben könnte, bestehen zudem nicht und sind auch nicht im Beschwerdevorbringen dargelegt worden.

10 Unschädlich ist es insoweit, dass die Regelung des Art. 55 Abs. 1 und 2 BayBeamtVG weitgehend § 38 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) entspricht, der bis zum Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes anzuwenden war. Denn mit der Verkündung des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes hat der Beklagte von der ihm im Rahmen der Föderalismusreform übertragenen Gesetzgebungskompetenz (arg. ex Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG) Gebrauch gemacht und eine eigene landesrechtliche Regelung geschaffen, die zwar in weiten Teilen der früheren bundesrechtlichen Regelung entspricht, diese jedoch vollständig ersetzt (Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 117 BayBeamtVG).

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bb) Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof zudem davon ausgegangen, dass - auch im Bereich der bundesrechtlichen Regelung - eine planwidrige Regelungslücke nicht besteht. Diese ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die von einem Betroffenen erwünschte Regelung nicht bzw. nur in einem anderen Regelungszusammenhang ergangen ist. Es muss maßgeblich hinzukommen, dass aufgrund der Gesamtumstände anzunehmen ist, dass diese Regelung unbedacht vom Gesetzgeber nicht getroffen worden ist. Das kann angesichts der zutreffenden und ausführlichen Schilderung der Gesetzeshistorie im angegriffenen Urteil (S. 9 und 10 des Urteilsabdrucks) ausgeschlossen werden. Zweifel an dieser Argumentation hat die Beschwerde nicht dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

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c) Der Ausschluss der vom Kläger angestrebten Berücksichtigung von Arbeitsunfällen außerhalb des Beamtenverhältnisses verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

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aa) Es besteht keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen ehemaligen Beamten und Arbeitnehmern, die während ihres gesamten Berufslebens Mitglied der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen sind. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung (Sozialgesetzbuch Siebtes Buch) Bundesrecht sind, das hier maßgebliche bayerische Beamtenversorgungsrecht aber Landesrecht. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht eine Gleichbehandlung aller vergleichbaren Sachverhalte durch jeden zuständigen Normgeber oder Träger öffentlicher Gewalt innerhalb des Staatsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung steht dem Einzelnen nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Träger öffentlicher Gewalt zu (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <73> und vom 14. Oktober 2008 - 1 BvF 4/05 - BVerfGE 122, 1 <25>). Dies ist hier der Beklagte, der die Regelung des § 56 Abs. 1 SGB VII, deren Anwendung der Kläger anstrebt, nicht zu verantworten hat.

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Im Übrigen sind Beamte und Arbeitnehmer im allgemeinen Wirtschaftsleben aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Urteil vom 10.12.15 - 2 C 46.13 -; Beschlüsse vom 13. Januar 1978 - 6 B 57.77 - und vom 12. September 1995 - 2 B 61.95 -). Die Übertragung begünstigender Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung auf Beamte bzw. auf ehemalige Beamte, die beamtenversorgungsrechtliche Rechtspositionen für sich in Anspruch nehmen, ist nicht zwingend geboten. Sie könnte hier sogar zu einer nicht zu rechtfertigenden Privilegierung entlassener Beamter führen, die wie der Kläger sowohl Dienstunfälle im Beamtenverhältnis als auch Arbeitsunfälle während des späteren Beschäftigungsverhältnisses erlitten haben. Denn dann könnte der Dienstunfall und die aus ihm resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit sowohl gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 4 SGB VII bei der Berechnung der Höhe der Rente als auch bei der Berechnung der Höhe des beamtenversorgungsrechtlichen Unterhaltsbeitrags nach Art. 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 BayBeamtVG zum Tragen kommen.

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bb) Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung besteht auch nicht zwischen entlassenen Beamten und sog. Nur-Beamten, die die durch mehrere Dienstunfälle erfahrene Minderung der Erwerbsfähigkeit etwa beim Unfallausgleich gemäß Art. 52 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG kumulativ in Ansatz bringen können. Hier ist ein hinreichendes Differenzierungsmerkmal in dem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses einerseits und andererseits in der Beendigung des Beamtenverhältnisses mit der damit einhergehenden Notwendigkeit, für den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt ein Übergangsrecht zu schaffen, zu sehen. Eine Rechtfertigung besteht auch darin, dass in der Person des Nur-Beamten das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Lebenszeitprinzip verwirklicht wird, während sich bei dem entlassenen Beamten in der Regel ein weiterer Abschnitt der Berufstätigkeit anschließt, der eigene Ansprüche - etwa im beschriebenen Sinne Ansprüche der gesetzlichen Unfallversicherung - auslösen kann.



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